Hanfbeton: Nachhaltiger Bau-Allrounder

Feld mit Hanfpflanzen
Foto: Unsplash/Matteo Paganelli

Eine besondere Pflanze, die dabei helfen kann, Bauen nachhaltiger zu machen, ist Hanf. Es ist ein vielseitiger, nachhaltiger und schnell nachwachsender Rohstoff − und zugleich eine echte Alternative zu den herkömmlichen Baustoffen, die viel Energie und CO2 verbrauchen. Im Massivholzbau kommt er in Form von Hanfbeton (auch bekannt als Hanfkalk) zum Einsatz.

Hier erfahren Sie mehr über die Eigenschaften sowie die Vor- und Nachteile des innovativen Baustoffs.

  1. Hanf: ein schnell wachsender und nachhaltiger Bau-Allrounder
  2. Massiv bauen mit Hanfbeton (Hanfkalk)
  3. Hanfbeton: Eigenschaften des Baustoffs
  4. Bauen mit Hanfkalk: Die Vorteile auf einen Blick

Christian Schaar
Fachautor CRADLE

Hanf: ein schnell wachsender und nachhaltiger Bau-Allrounder

Blüte einer Hanfpflanze
Hanf wächst 50-mal schneller als Holz.
Foto: Pexels/Jonathan Cooper

Ob Holz, Bambus oder Kork – natürliche Baumaterialien liegen im Trend. Unter den Kulturpflanzen ist Hanf ein wahrer Bau-Allrounder und kann von der Dämmung bis hin zum Massivbau eingesetzt werden.

Für die Umwelt bietet Hanf zahlreiche Vorteile

  • Die Pflanze wächst sehr schnell. Rund vier Monate benötigt Nutzhanf, bis er geerntet werden kann.
  • Sie braucht nur wenig Wasser (was dem Klimawandel entgegen kommt).
  • Hanf ist äußerst robust, langlebig und kann pestizidfrei angebaut werden, da er von Natur aus Schädlinge abwehrt.
  • Bis zu 97 Prozent des Nutzhanfs können verwendet werden.
  • Hanf bindet CO2 aus der Atmosphäre und wirkt sich positiv auf die Erde aus, auf der sie wächst.
Anbau von Hanf auf einem Feld
Die Nachfrage nach Hanf wächst in Deutschland stetig. Allein von 2020 bis 2021 wuchs der Hanfanbau um 20 Prozent.
Foto: Pexels/Mark Stebnicki

Warum Bauen nachhaltiger werden muss

Das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz wächst. Ressourcen sollten geschont und der CO2-Ausstoß reduziert werden. Trotzdem ist der Anteil der Bauwirtschaft an den weltweit ausgestoßenen Treibhausemissionen nach wie vor immens und sogar weiter steigend, wie der aktuellste Global Status Report for Buildings and Construction der Vereinten Nationen (UN) aus 2022 zeigt. Wird die Herstellung von Baumaterialien mit einbezogen, war der Gebäudesektor 2021 für rund 37 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Doch damit nicht genug. Am Ende ihrer Lebensdauer sind die meisten Baumaterialien schwer zu recyceln. Sie können nicht getrennt oder wiederverwendet werden, sondern müssen als Sondermüll entsorgt werden. Das ist weder nachhaltig noch ressourcen- und emissionssparend. Es muss anders gebaut werden, um die Umwelt und das Klima zu schützen. Dafür ist die Auswahl der richtigen Baumaterialien ein entscheidender Faktor.

Schon in der Antike, im alten China und der Seefahrt wurde Hanf vielseitig eingesetzt: als Rohstoff für Textilien und Kleidung, Papier, Bogensehnen, Schiffssegel, Tauwerke sowie als Baustoff in Putz und Mörtel.

Im 20. Jahrhundert wurde Hanf durch synthetische Materialien wie Kunststoffe und Beton verdrängt, zumal er in vielen Ländern verboten wurde. Als eine der ältesten Nutzpflanzen der Menschheit erlebt Hanf allmählich eine Renaissance. Heute ist er insbesondere als Dämmmaterial bekannt, kann aber auch im Massivbau eingesetzt werden – von den Bodenplatten über die Wände bis hin zu Ziegeln, Putz und Dämmung.

Massiv bauen mit Hanfbeton (Hanfkalk)

Hanfschäben
Die Hanfschäben werden zunächst vorgenässt. Anschliessend wird das Bindemittel dazugegeben. Dadurch ummantelt das Bindemittel gleichmäßig die Schäben und eine homogenisierte Maße entsteht. Zum Schluss wird noch ein zusätzlicher Wasseranteil zum Hydratisieren des Bindemittels dazugegeben.
Foto: Romancito77 / Wikimedia Commons CC

Hanfbeton, auch bekannt als Hanfkalk, ist ein nachhaltiger und innovativer Baustoff, der aus Hanfschäben – dem inneren Teil des Hanfstängels –, Naturkalk und Wasser hergestellt wird. Er vereint die Vorteile von beiden Ausgangsstoffen:

  • Hanfschäben (siehe Bild) sind ein natürliches, nachwachsendes Material mit hervorragenden Wärmedämmeigenschaften.
  • Naturkalk ist ein umweltfreundliches Bindemittel, das Feuchtigkeit reguliert und beständig gegen Wind und Wetter ist.

Während konventioneller Beton sehr viel Energie in der Herstellung benötigt, zeichnet sich Hanfkalk durch seine hervorragende Energiebilanz und emissionsarme Herstellung aus. Auch ist Hanfkalk deutlich leichter als herkömmlicher Beton, wodurch seine Verarbeitung erleichtert wird und beim Transport sowie auf der Baustelle CO2 eingespart werden kann.

Hanfbeton: Eigenschaften des Baustoffs

Hanfbeton kommt zum Beispiel beim Mauern von Wänden, Erstellen von Fertigteilen oder Dämmung zum Einsatz.
Foto: Wikimedia Commons/Romancito77

Hanfkalk lässt sich in Form von vorgefertigten Hanfsteinen produzieren, die sofort auf der Baustelle eingesetzt werden können. Alternativ kann er auch direkt auf der Baustelle gemischt und ähnlich wie Beton in Schalungen gegossen werden.

Gegenüber Witterungseinflüssen ist Hanfbeton äußerst robust, mehr noch: Er härtet mit der Zeit weiter aus, versteinert und wird noch stabiler. Seine Standfestigkeit ist mit der von Beton vergleichbar, während er durch seine Fasern gleichzeitig genug Elastizität behält, um selbst einem Erdbeben standhalten zu können.

Dieses einzigartige Material zeigt seine Vielseitigkeit in einer Vielzahl von Anwendungen, einschließlich dem Einsatz in Trennwänden und Außenfassaden, inneren Schallschutzwänden, der Isolierung von Altbaustrukturen, der Dämmung unter Fußböden sowie der Innendämmung bestehender Gebäude.

Zwar sind Hanfsteine für ihre besondere Formfestigkeit, Isolierung und Feuchtigkeitsregulation bekannt, jedoch verfügen sie über eine vergleichsweise geringe Druckfestigkeit als beispielsweise Beton oder Ziegel. Deshalb wird der Baustoff meist nicht für tragende Wände genutzt, sondern in Kombination mit einem Ständerwerk, beispielsweise aus Holz wie bei einem Fachwerkhaus.

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Bauen mit Hanfkalk: Die Vorteile auf einen Blick

  • Nachhaltigkeit: Hanf ist ein schnell nachwachsender Rohstoff mit langer Lebensdauer. Am Ende seiner Nutzungszeit als Baustoff können Hanfwolle oder Hanfkalk leicht vom Tragwerk getrennt, recycelt oder kompostiert werden, was zur Kreislaufwirtschaft beiträgt.
  • CO2-Bilanz: Während ihres Wachstums bindet die Hanfpflanze mehr CO2 in der Luft, als bei der Verarbeitung zu Hanfkalk oder Dämmwolle ausgestoßen wird.
  • Energieeffizienz: Hanfbeton zeichnet sich durch eine herausragende Wärmespeicherung und Wärmedämmung aus. Im Sommer bleiben die Räume kühl und im Winter warm. Diese Eigenschaften führen zu einer signifikanten Reduktion des Energiebedarfs für Heizung und Kühlung, was sich in deutlich niedrigeren Energiekosten niederschlägt. Somit lässt sich mit Hanfkalk ein Passivhausstandard erreichen. Eine zusätzliche Dämmung bzw. zahlreiche Bauschichten in einer Wand sind dabei oft nicht mehr nötig, was zusätzlich die Ressourcen schont.
  • Raumklimaregulierung: Dank seiner Diffusionsoffenheit kann Hanfbeton Feuchtigkeit effektiv aufnehmen und wieder abgeben. Diese Fähigkeit hilft dabei, die Bildung von Kondenswasser in den Wänden zu verhindern und somit Schimmelbildung vorzubeugen.
  • Schafstofffrei: Hanfkalk als natürlicher Baustoff ist frei von Schafstoffen. Zudem ist er anders als viele andere natürliche Baustoffe resistent gegen Ungezieferbefall, da sie in ihm keine Nahrung finden.
  • Schalldämmung: Nicht nur Dämmplatten aus Hanf, auch Hanfbeton besitzt aufgrund seiner inhomogenen Struktur gute schallabsorbierende Eigenschaften, was zu einer deutlichen Verbesserung der Raumakustik führt.
  • Brandschutz: Der Naturkalk, der die Hanfschäben im Hanfbeton ummantelt, ist als mineralischer Stoff nicht entflammbar. Im Brandfall bietet er zusätzliche Sicherheit und minimiert das Risiko der Brandausbreitung, da er sehr schwer entflammbar ist.
  • Ungezieferresistent: Hanf ist von Natur aus widerstandsfähig gegen Ungeziefer und Nagetiere. Er bietet ihnen keine Nahrungsquelle, seine Fasern und Substanzen wehren sie auf natürliche Weise ab.

Autor Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH. Seine baubiologischen Kenntnisse erlangte er durch den täglichen Umgang mit Problemen der Baubiologie in verschiedenen Unternehmen des ökologischen Holzbaus. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros mit Schwerpunkt auf ökologischem Holzbau wird er regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte auf diesem Gebiet konsultiert.

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